Bis Anfang Mai hatten die Verbände der Freien Wohlfahrtspflege im Freistaat Gelegenheit, sich zu dem Entwurf zu positionieren. Das Gesetz soll ein elementarer Schritt sein, um die UN-Behindertenrechts-Konvention in Deutschland umzusetzen und wird von Experten und Betroffenen mit großer Spannung erwartet.
Im Referat Behindertenhilfe des Landes-Caritasverbandes (LCV) ist man zwar froh, dass nun "endlich mit einem Bundes-Gesetz die volle Teilhabe von Menschen mit Behinderung an allen Aspekten des Miteinanders und der Gesellschaft geregelt und festgeschrieben werden soll". Ob das mit dem Gesetz in der Entwurfsform gelingen kann, lasse sich aber erst nach noch weiterer Prüfung einschätzen. "Was jedoch jetzt bereits gesagt werden kann ist, dass die Position der Leistungsträger (Kostenträger) gestärkt und die der Leistungserbringer - also der Einrichtungen - deutlich geschwächt wird." Nicht zuletzt bei stationären Angeboten führe die zukünftige Aufteilung der bisher aus einer Hand gewährten Hilfe auf unterschiedliche Kostenträger zu großer Verunsicherung und schlimmstenfalls zu Leistungslücken und einer Reduzierung bisheriger Leistungen.
Auch im Hinblick auf das Wunsch- und Wahlrecht der Menschen mit Behinderung seien im vorliegenden Referentenentwurf weiterhin deutliche Einschränkungen feststellbar. Anerkennung findet im Referat Behindertenhilfe des LCV allerdings, "dass künftig auch die Leistungsvereinbarungen schiedsstellenfähig sein sollen und nicht nur die Kostenvereinbarungen". Das bedeute, es könnten den Leistungserbringern von den Kostenträgern die zu erbringenden Leistungen nicht einfach unabhängig von den dafür zur Verfügung gestellten finanziellen Ressourcen "diktiert" werden.
Landes-Caritasdirektor Prälat Bernhard Piendl mahnt an, den nötigen Nachteils-Ausgleich für Menschen mit Behinderung auch wirklich von Anfang an als solchen zu betrachten - und nicht "wieder erst Nachteile für Betroffene in Kauf zu nehmen, um dann bestimmte Teile der Behindertenhilfe als Fürsorgeleistung zu verstehen". Ziel war und ist, die Eingliederungshilfe aus dem System der Sozialhilfe und der Fürsorge herauszulösen und in ein modernes Teilhaberecht zu überführen. "Nach erster Sichtung des Entwurfes muss leider festgestellt werden, dass dieses Ziel an vielen Stellen zunächst nicht erreicht wird. Erste Schritte in die richtige Richtung lassen sich im Entwurf jedoch erkennen", so Piendl.
Ein deutliches Anheben der Vermögens-Freigrenzen, etwa auf bis zu 25.000, später 50.000 Euro, sowie der bessere Schutz des Einkommens der Partner von Menschen mit Behinderung, seien im Prinzip zu begrüßen. Allerdings dürfe nicht übersehen werden, dass einige andere Fragen zur Lebenswirklichkeit von Menschen mit Behinderung, wie etwa die Schnittstelle zur Pflege oder die volle Teilhabe am Arbeitsleben im Gesetzesentwurf noch nicht genügend berücksichtigt seien.
Die Stellungnahme der Freien Wohlfahrtspflege Bayern zum Gesetzes-Entwurf hier zum Download