Demirel Gülseren, was ist Heimat?
Was bedeutet Heimat für Sie?
Es gibt einen Spruch: "Heimat ist, wo man geliebt wird" den finde ich ziemlich passend. Meine Familie und Freunde geben mir das Gefühl der Wärme und Zuversicht. Heimat ist aber auch ein Begriff der für viele Menschen mit Schmerzen und Verlust verbunden ist. Diesen Menschen müssen wir die Hand reichen.
Wo sehen Sie Zusammenhänge zwischen Migration und Entwicklung?
Migration gab es immer und wird es weiterhin geben. Das ist Bestandteil der Globalisierung. Die aktuelle Lage in der Welt mit wirtschaftlichen Abhängigkeiten, Kriegen oder auch Klimakatastrophen zwingt die Menschen ihre Herkunftsländer und -regionen zu verlassen. Die heutige Entwicklungspolitik versucht diese Abhängigkeitsverhältnisse abzumildern - dies ist aber ein junger Ansatz. Es zu viele falsche Ansätze verfolgt-
Wie erleben Sie den aktuellen Diskurs über Migranten/innen und Geflüchtete in Deutschland?
Die aktuelle Debatten haben eine schon fast eigene Tradition: Bereits in den 90ern war der Diskurs "vergiftet" wenn über Asylrechtsverschärfungen gestritten wurde und Anschläge auf Migrant*innen und Geflüchtete verübt wurden. Die Integrationspolitik machte viele Fehler z.B. bei den Kettenduldungen oder bei den fehlenden Sprach- und Integrationskurse. Heute wiederholen sich dies erneut - es gibt Asylrechtsverschärfungen und rechten Parolen und Rassismus versuchen immer hartnäckiger in Deutschland Fuß zu fassen. Ein Diskusverschiebung nach Rechts möchte ich durch mein politisches Handeln verhindern und zeigen, wie Integration besser gelingen kann.
Wie wirkt sich der aktuelle mediale Diskurs - ob in Printmedien oder online via Social Media - Ihrer Meinung nach auf Migranten/innen und Geflüchtete aus?
Ich habe mit zahlreichen Betroffenen gesprochen. Die Hinterbliebenen der NSU-Morde oder Geflüchtete empfinden den medialen Diskurs verletzend und unreflektiert. Bezeichnungen wie Dönermorde, Wirtschaftsflüchtlinge oder Menschen ohne Bleibeperspektive sind nicht angemessen. Den Hass in den soziale Medien verfolgen wir Grüne sehr kritisch und haben dazu ganz aktuell ein Antragspaket in den Landtag eingebracht. Von Hass im Netz sind nicht nur Geflüchtete und Migrant*innen betroffen, sondern alle, die sich für eine offene und vielfältige Gesellschaft einsetzen.
Was könnte im Rahmen der deutschen Entwicklungszusammenarbeit getan werden, damit Menschen nicht gezwungen sind, ihr Herkunftsland zu verlassen?
Wir stellen uns eine Entwicklungspolitik auf Augenhöhe vor. Zudem müssen die Bedürfnisse der Entwicklungsländer im Vordergrund stehen. Erst dann sehen die Menschen auch die möglichen Perspektiven in ihre Heimatländer und werden die gefährliche Fluchtrouten nicht ansteuern. Wir brauchen einen deutlich stärkeren Fokus auf die entwicklungspolitische Bildungsarbeit in Bayern und eine intensivere Zusammenarbeit mit der Zivilgesellschaft. Eine bessere bayerische Entwicklungspolitik hieße aus Grüner Sicht daher konkret: Schwerpunktsetzung auf Themen wie Bildung für nachhaltige Entwicklung im Inland und mit einem "Nachhaltigkeits-TÜVs" für alle staatlichen Maßnahmen die eigene Verantwortung für globale Nachhaltigkeit in den Fokus zu nehmen, ganz im Geiste der Sustainable Development Goals der Vereinten Nationen. Auch sei es wichtig, besonders auf Umwelt- und Sozialstandards sowie den Aufbau lokaler Wertschöpfungsketten zu achten, wenn der Freistaat Direktinvestitionen bayerischer Unternehmen in Afrika fördere.