Augsburg. Vor einen Kollaps
der Pflege in den Altenheimen hat die Geschäftsführerin des Verbands
katholischer Heime und Einrichtungen der Altenhilfe in Deutschland, Ursula
Wetzel (Freiburg) gewarnt. Bei der Bundestagung ihrer Organisation in Augsburg
sagte Wetzel: „Wenn die Politik nicht endlich die finanziellen
Rahmenbedingungen der Pflege verbessert, ist der Zusammenbruch nicht mehr
fern.“ In vielen Heimen gebe es zu wenig qualifiziertes Personal, weil es von
den Kostenträgern nicht finanziert werde. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
seien angesichts der zunehmenden Zahl von schwerst pflegebedürftigen und
dementen Bewohnerrinnen und Bewohnern zunehmend überfordert. „Es ist
erstaunlich, was die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter angesichts der schlechten
Rahmenbedingungen noch immer leisten. Aber sie brauchen nun endlich politische
Unterstützung, um die Menschen weiter würdig pflegen zu können und sich nicht
selber kaputt zu machen“, sagte Wetzel. Sie zitierte eine Studie, wonach
bundesweit 30.000 Pflegefachkräfte fehlten. Der Pflegekräftemangel sei regional
unterschiedlich und in den Ballungsräumen besonders groß.
Um diese Situation
zuändern, müssten Politik und Gesellschaft durch bessere Rahmenbedingungen wie
eine angemessene Bezahlung und eine verbesserte Personalausstattung Anreize für
die Berufswahl Altenpflege setzen. Statt die finanziellen Rahmenbedingungen zu
verbessern, würden die Heime aber von der Politik mit immer neuen
bürokratischen Anforderungen überzogen. „Kreativität und Einsatzbereitschaft
werden nicht belohnt, statt dessen werden alle Kräfte darauf gelenkt, die
Bürokratie zu bewältigen“, sagte der stellvertretende Vorsitzende des
Verbandes, Albert Evertz (Köln). Der unmittelbare Umgang mit den
pflegebedürftigen Menschen leide unter einer Vielzahl von
Verwaltungstätigkeiten der Pflegekräfte.
Aufgabe der stationären Pflege sei es, in einer „Atmosphäre
der Privatheit“ eine persönliche Lebensgestaltung bis zum Lebensende zu
ermöglichen. In der öffentlichen Diskussion werde die Pflege aber meist nur als
finanzielle Belastung der sozialen Sicherungssysteme gesehen. Natürlich sei
sich auch die Caritas der prekären Situation der öffentlichen Haushalte und der
Sozialversicherungen bewusst. „Wir sind keine Illusionisten. Das Diktat der
leeren Kassen kann aber bei der Pflege nicht akzeptiert werden. Es geht um die
Aufrechterhaltung der Menschenwürde auch im Alter“, sagte Evertz.
Änderungen der Pflegeversicherung
Der Altenhilfeverband, ein Fachverband der Caritas, fordert
insbesondere Änderungen des Pflegeversicherungsgesetzes. Immer mehr
Heimbewohner könnten die Heimkosten nicht mehr bezahlen und müssten Sozialhilfe
in Anspruch nehmen. Noch immer sei die Pflegeversicherung auf die körperliche
Pflege beschränkt und vernachlässige die psychosozialen Bedürfnisse
pflegebedürftiger Menschen. Evertz forderte die Bundesregierung auf, den
psycho-sozialen Betreuungsbedarf über die Pflegeversicherung zu finanzieren.
Außerdem müsse die Pflegeversicherung mehr für demenzkranke und depressive
pflegebedürftige Menschen zahlen. Generell seien die finanziellen Leistungen
der Pflegeversicherung müssten unbedingt anzuheben. „Sie sind seit der
Einführung der Versicherung 1995 nicht mehr erhöht worden. Die Kosten für die
Pflege sind seitdem ständig gestiegen. Die Pflegeversicherung verfehlt mehr und
mehr auch ihr wirtschaftliches Ziel der finanziellen Entlastung der
Pflegebedürftigen“, betonte Evertz.
Um die notwendigen finanziellen Aufwendungen für eine
bessere Pflege begleichen zu können, fordert der Verband den Einbezug nicht nur
von Arbeitseinkommen in die Beitragpflicht, sondern auch von Einkommen aus
Vermögen und anderen Werten.
Pflegeheime, hieß es in Augsburg, seien keineswegs
Auslaufmodelle. Trotz aller Bemühungen um eine Pflege zuhause bleibe in Deutschland
die Notwendigkeit stationärer Pflegeeinrichtungen bestehen. Pflegebedürftige
Menschen hätten einen Anspruch darauf, ihr gewohntes Leben im Heim weiterführen
zu können. Die Bundestagung griff eine Vielfalt von Ansätzen und Möglichkeiten
für die Gestaltung des Heimlebens auf. Themen waren unter anderem die
Einrichtung von kleinen Wohngruppen im Heim für Demenzkranke, die Einbeziehung
der Angehörigen, die Gestaltung einer würdigen Sterbekultur und der Umgang mit
ausländischen Bewohnerrinnen und Bewohnern.
An der
Augsburger Tagung nahmen 345 Fachleute aus dem Altenpflegebereich teil. Im
Verband katholischer Heime und Einrichtungen der Altenhilfe in Deutschland sind
rund 1000 Heime und Altenpflegeschulen zusammengeschlossen.