München.
Immer mehr Menschen in Bayern können ihre Stromrechnungen nicht bezahlen.
Diesen besorgniserregenden Trend haben die Schuldnerberatungsstellen der
Caritas festgestellt. Preissteigerungen von bis zu 15 Prozent in den letzten
beiden Jahren machen Strom und Gas für viele ärmere Haushalte unbezahlbar.
Besonders betroffen sind nach Angaben der Sprecherin der bayerischen
Caritas-Schuldnerberatungsstellen, Regina Hinterleuthner (Augsburg), Harz
IV-Bezieher. Diese müssen den Strom aus dem Regelsatz bezahlen, der für einen
Alleinstehenden derzeit 374 Euro beträgt. Die Heizkosten werden dagegen
übernommen. „Probleme mit Stromschulden haben nach unseren Erfahrungen außerdem
Alleinerziehende, Geringverdiener und einkommensschwache Rentner. Der Kreis der
Betroffenen wird immer größer. Es trifft auch schon Auszubildende und
Studenten“, sagte Hinterleuthner. Die Stromanbieter schalten nach mehrmaligem
Mahnen von säumigen
Zahlern
den Strom ab. In Augsburg
zum Beispiel trifft es jährlich bis zu 2500 Haushalte. Die
Schuldnerberatungsstellen der Caritas bieten den betroffenen Menschen ihre Hilfe
an. „Wir sprechen die Situation durch. Meistens schalten wir uns in die
Verhandlungen mit den Stromanbietern ein und versuchen zu einer Stundung der
Schulden und einer tragbaren Ratenzahlung zu kommen. Manchmal
wird dann sogar ein Restschuldenerlass gewährt, aber das
ist bei den Anbietern unterschiedlich.“ Der Caritas ist es nicht möglich, die
Stromschulden einfach zu zahlen. Zum einen habe man gar nicht so viel Geld für
diesen Zweck zur Verfügung. Zum anderen andern löse man so das Gesamtproblem
der Betroffenen nicht, denn Stromschulden seien oft ein Anzeichen dafür, dass
„das Leben aus den Fugen geraten ist“, sagt Hinterleuthner. Man lege deshalb
Wert auf eine ganzheitliche Beratung, bei der alles zur Sprache komme.
In 14 Städten und
Landkreisen in Bayern bietet die Caritas für sozial schwache Haushalte
zusätzlich Stromsparcheck-Projekte an. Empfänger von Hartz IV, Sozialhilfe und
Wohngeld haben die Möglichkeit, mit dem Stromspar-Check ihre Stromkosten
deutlich zu senken, um rund 100 Euro im Jahr. Dazu kommen eigens ausgebildete
Stromsparhelfer in die Wohnung, prüfen den aktuellen Stromverbrauch
und suchen
nach Einsparmöglichkeiten. Die Haushalte erhalten kostenlos Energiespargeräte,
zum Beispiel hochwertige Energiesparlampen, schaltbare Steckdosenleisten oder
Wasserperlatoren
. Solche Stromsparprojekte der Caritas gibt
es in Amberg, Augsburg, Cham, Forchheim, Fürth, Ingolstadt,
Kelheim
,
Landshut, Marktoberdorf, München, Neumarkt, Neu-Ulm, Starnberg und Straubing. Von
Januar bis April 2012 haben die Stromsparhelfer Beratungen in 326 Haushalten
durchgeführt. Kostenlos installiert wurden 2900 Energiesparlampen und 400
Strahlregler für Wasserhähne, sowie weitere Strom- und Wassersparartikel. Die
am häufigsten festgestellten baulichen Mängel waren merklich undichte Fenster
und Schimmelbildung. Damit können sich die betroffenen Haushalte dann an
weitergehende Beratungsangebote, z.B. bei den Verbraucherzentralen, wenden. Die
Stromsparhelfer waren vor ihrer Tätigkeit in der Regel arbeitslos. Im
Stromspar-Check sind sie beim örtlichen Caritasverband angestellt. Die
fachliche Schulung für ihre Tätigkeit übernimmt ein Trainer des Energie- und
Umweltzentrums Allgäu. Der Stromspar-Check wird über das
Bundesumweltministerium und lokale Netzwerke und Sponsoren finanziert.