Die Stiftung Ecksberg betreut zur Zeit 503 Menschen mit Behinderung. Betreut und gefördert werden Menschen mit geistiger Behinderung, Mehrfachbehinderung und psychischer Behinderung in Wohnheimen, Wohngruppen und Behindertenwerkstätten. Jüngste Einrichtung ist eine Wohngruppe für Menschen mit erworbener Schädel-Hirn-Verletzung im Baugebiet Altmühldorf VI , die vor wenigen Tagen bezogen wurde. Die Menschen mit Behinderung, die in Ecksberg wohnen und arbeiten, kommen vorwiegend aus den Landkreisen Mühldorf und Altötting. Mit rund 530 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern auf 380 Vollzeitstellen ist die Stiftung Ecksberg einer der größten Arbeitgeber in der Stadt Mühldorf. Der finanzielle Umsatz beträgt rund 20 Millionen Euro im Jahr.
Die Stiftung Ecksberg wurde gegründet im Jahre 1852 von dem katholischen Priester Joseph Probst am Ort einer seit dem Jahre 1453 bestehenden Wallfahrt, die durch die Säkularisation ihr Ende gefunden hatte. Am 28. April 1852 bezog Probst mit sechs behinderten Kindern das leerstehende Benefiziatenhaus in Ecksberg. Zur Unterstützung der Einrichtung wurde ein Verein gegründet, der zeitweise 10.000 Mitglieder hatte. Die Nachfrage nach Plätzen war groß, die Anstalt wuchs rasch. Mit kirchlicher und staatlicher Beteiligung wurden Erweiterungsbauten erstellt. Im Todesjahr des Gründers, 1884, wurden bereits 200 behinderte Menschen aller Altersstufen betreut. Während der Nazi-Diktatur wurden 248 der 350 Bewohner in der Reichsanstalt Hartheim bei Linz ermordet. Die Gebäude in Ecksberg dienten u.a. als Hilfslazarett und nach Kriegsende als Lager für die befreiten Insassen des KZ Mettenheim.
Seit 1949 werden wieder Menschen mit geistiger Behinderung betreut. Nach einer umfassenden Sanierung in den 1970er Jahren und einer Dezentralisierung in den letzten sieben Jahren betreibt die Stiftung Ecksberg heute Einrichtungen an neun Orten im Landkreis Mühldorf am Inn, und zwar in Ampfing, Bachham (Gemeinde Heldenstein), Ecksberg, Mettenheim, Mühldorf, Neumarkt-St. Veit, Oberbergkirchen, Ramsau bei Haag (Obb.) und Waldkraiburg. Bis vor gut 15 Jahren wurden die behinderten Menschen vor allem von Ordensschwestern betreut.
Behindertenhilfe und Psychiatrie im 21. Jahrhundert
Aus Anlass des Jubiläums hält der bundesweite Caritas-Fachverband "Caritas Behindertenhilfe und Psychiatrie" ein Expertenforum zum Thema "Behindertenhilfe und Psychiatrie im 21. Jahrhundert." Dabei wies der Referent für Behindertenhilfe beim Deutschen Caritasverband Freiburg, Dr. Franz Fink auf den Widerspruch zwischen gesetzlichen Verbesserungen für Menschen mit Behinderung und aktuellen Wertvorstellungen in der Gesellschaft hin: "Im Gegensatz zu der Entwicklung in Richtung auf mehr Selbstbestimmung behinderter Menschen stehen die Wertvorstellungen in der Gesellschaft im Hinblick auf Behinderung. Deutlich werden diese Widersprüche in der Bio- und Medizinethik: Ungeniert sind viele Menschen und besonders die Experten, wenn die "Verhinderung" von Behinderung durch die Präimplantationsdiagnostik und die so genannte Spätabtreibung ansteht." Diese Debatte belaste die Situation und das Selbstbewusstsein der behinderten Menschen sehr stark.
Fink sprach sich dafür aus, Menschen mit mehrfacher und besonders schwerer Behinderung mehr zu beachten. An dieser Gruppe gingen die positiven gesetzlichen Regelungen in Richtung auf mehr Selbstbestimmung vorbei. Für diese Menschen müsse das "zutiefst christliche Prinzip wieder auf den Schild gehoben werden: Für diejenigen Menschen, für die es sich nach rein ökonomischen Kriterien am wenigsten lohnt, muss das meiste ausgegeben werden."