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Pressemitteilung

Wer rettet die Schuldnerberatung in Bayern?

Caritas warnt die Politik

Erschienen am:

13.07.2011

  • Beschreibung
Beschreibung

München. 428.000 Privathaushalte gelten in Bayern als überschuldet. Demgegenüber stehen bayernweit lediglich ca. 120 gemeinnützige Beratungsstellen bei Verbänden und Kommunen zur Verfügung. „Während für die Banken Milliarden schwere Rettungsschirme gespannt werden lässt man die Beratungsstellen und somit die betroffenen Menschen   im Regen stehen“, klagt Regina Hinterleuthner, die Sprecherin der bayerischen Schuldnerberatungsstellen. Die Folgen sind fatal: monatelange Wartezeiten, verzweifelte Ratsuchende und völlig überlastete Beratungskräfte. Der Landes-Caritasverband Bayern forderte den Freistaat Bayern auf, endlich für eine flächendeckende Finanzierung der Insolvenzberatung zu sorgen. Die jüngste Forderung des Sozialministeriums, die Beratung in Schuldnerberatung und Insolvenzberatung zu trennen, sei falsch. Das Ministerium schaffe damit einen unnötigen und erheblichen bürokratischen Aufwand. Dabei sei seit langem bundesweit anerkannt, „dass die Bereiche untrennbar ineinander über gehen“, betonte Hinterleuthner. Schuldnerberatung wendet sich an alle überschuldeten Menschen und beeinhaltet das gesamte Beratungsspektrum vom Erstgespräch, über eine Bestandsaufnahme, psychosoziale Hilfen, Konzeptentwicklung bis zur Verhandlung mit Gläubigern. Insolvenzberatung wendet sich an Menschen, die aller Voraussicht nach nicht in der Lage sein werden, ihre Schulden in sechs Jahren zu regeln. Sie ist eine Möglichkeit der Entschuldung in einem gesetzlich vorgegebenen Rahmen, der aber einhergeht mit der Schuldnerberatung.

Zur Situation der Schuldnerberatungsstellen in Bayern

Zahl der überschuldeten Haushalte: Derzeit gilt ca. jeder 12. Haushalt (7 Prozent) in Deutschland als überschuldet. Nach Angaben des Mikrozensus lebten 2009 in Deutschland im Durchschnitt 2,04 Personen in einem Haushalt. Für Bayern bedeutet dies, dass über 428.000 Haushalte und 875.000 Menschen in Bayern überschuldet sind.

Beratungsbedarf: Nach Ansicht der Arbeitsgemeinschaft Schuldnerberatung der Wohlfahrtsverbände ist ein Mindestbedarfsschlüssel von 2 Beratungsfachkräften je 50.000 Einwohner notwendig. Die demnach erforderliche Anzahl der Schuldnerberatung sfachkräfte läge bei 500 Vollzeitstellen für Bayern. Tatsächlich gibt es gerade mal 100 Vollzeitstellen.

Erreichbarkeit/Wartezeiten: Nach Schätzung der Sozial- und Verbraucherverbände erreichen die Schuldnerberatung derzeit nur etwa 10   bis 15 Prozent der überschuldeten Menschen. Die 46 Caritas-Beratungsstellen in Bayern haben 2010 ca. 15.800 Personen beraten.
Finanzierung: Die derzeitige Finanzierung der Beratungsstellen wird mit dem Einsatz erheblicher Eigenmittel der Caritas gewährleistet. Das Land Bayern gewährt für die Insolvenzberatung einen Zuschuss je Fall in Höhe von 335 bis 675 Euro. Diese Beiträge wurden seit 1999 nicht erhöht.
Wirksamkeit von Schuldnerberatung: Schuldnerberatung hilft in erheblichem Umfang soziale Leistungen (wie AGL I, Krankengeld, ALG II und Grundsicherung) einzusparen. Sie trägt dazu bei, dass überschuldete Menschen trotzdem in Arbeit bleiben oder – bei Arbeitslosigkeit – dieses Vermittlungshemmnis reduziert wird. Nach verschiedenen wissenschaftlichen Untersuchungen zur Wirksamkeit von Schuldnerberatung (zuletzt in einer Begleitstudie für den 3. Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung 2006) wird u.a. nachgewiesen, dass die sozialen Leistungen um ein Drittel reduziert wurden, sich bei einem Drittel die Wohnsituation verbessert hat, ein Fünftel eine Berufstätigkeit aufnehmen konnte und der Anteil der Klienten, die über einen gesicherten Arbeitsplatz verfügten, nahm im selben Zeitraum um fast zwei Drittel zu. Für die Regensburger Insolvenzberatungsstelle der Caritas wurde eine Wirksamkeitsstudie erstellt. Unter anderem wurden folgende positive Veränderungen benannt: In den Bereichen Lebenszufriedenheit meinten 80,6 Prozent diese sei besser geworden. Der Umgang mit Geld war bei 73,1 Prozent besser und die Selbstsicherheit hat bei 65,6 Prozent zugenommen. Die Einkommenssituation verbesserte sich bei 52,7 Prozent der Befragten.

Einige persönliche Äußerungen der Befragten:   „Ich war mit der Hilfe von Caritas sehr zufrieden“. „Es gibt nichts Besseres als ein Insolvenzverfahren in einer solchen Situation. Ich danke sehr für die Beratung und Hilfe.“ „Vielen Dank für die Unterstützung! Habe Sie schon weiterempfohlen!“ „Ich bin überglücklich endlich von dieser Schuldenlast befreit zu sein.“ „Mein Leben ist wieder lebenswert.“