Fachberatungsstellen
Fachberatungsstellen der Wohnungsnotfallhilfe haben eine wichtige Funktion für wohnungslose und unmittelbar von Wohnungslosigkeit bedrohte Personen, die von anderen Beratungsstellen und Behörden nicht erreicht werden und zunächst nicht von sich aus die erforderlichen Hilfen in Anspruch nehmen können oder wollen.
Die Fachberatungsstellen bieten ein qualifiziertes und differenziertes Beratungs- und Unterstützungsangebot mit niedrigschwelligem Zugang und öffnen den Weg hin zu weiteren Hilfeangebote und Beratungsstellen. Deswegen arbeiten diese Fachberatungsstellen eng mit kommunalen Behörden und Fachstellen zusammen und vermitteln an Beratungsstellen der Freien Wohlfahrtspflege. Die Zusammenarbeit wird in der Regel durch lokale Vernetzung aller Beteiligten und die Erstellung eines gemeinsamen Hilfekonzeptes sichergestellt.
Aufgaben der Beratungsstellen sind in der Regel:
- Vermittlung einer ersten Grundversorgung
- Unterstützung bei Behördenkontakten und Hilfestellung bei der Erschließung von Sozialleistungen
- Hilfe bei der Beschaffung und Erhaltung individuellen Wohnraums
- Kontakt und Vermittlung zu kommunalen Behörden und weiteren speziellen Fachdiensten (z. B. Suchtberatung und Schuldnerberatung)
- Unterstützung bei Geldverwaltung und Hilfestellung bei Schuldentilgung
- Hilfe bei der Bewältigung von allgemeinen Lebensproblemen
- Vermittlung von weiterführenden Angeboten der Wohnungslosenhilfe (ambulante Wohnangebote, teilstationäre und stationäre Hilfen)
- Aufklärung, Information und Öffentlichkeitsarbeit, lokale Netzwerkarbeit
In größeren Städten gibt es Fachberatungsstellen sowohl für Männer wie auch für Frauen - mit einer geschlechts- und zielgruppenspezifischen Differenzierung der Hilfeangebote.
Aus der Praxis
Der Sozialdienst katholischer Frauen in Garmisch-Partenkirchen stellt wohnungslosen und von Wohnungslosigkeit bedrohten Personen ein umfangreiches Angebot an Beratung und passgenauen Hilfen zur Verfügung.
"Dach überm Kopf": Sozialberatung in einem Notwohnquartier
Seit Oktober 2018 ist der Diözesan-Caritasverband Würzburg in der auf bis zu 100 Personen ausgelegten Siedlung für obdachlose Personen "Egerländer Straße" in Kitzingen sozialarbeiterisch tätig. Das ökumenisch getragene Projekt "Dach überm Kopf" (© Foto: DiCV Würzburg / Schoknecht) mit der Caritas als geschäftsführender Trägerin kann man ohne Übertreibung eine Erfolgsgeschichte nennen. Eine Sozialberatung direkt vor Ort im Quartier hat dort viel zur Deeskalation beigetragen, nachdem die Siedlung zuvor bundesweit negative Schlagzeilen gemacht hatte.
Nach zunächst zwei biennalen Förderperioden sind die Verantwortlichen im Oktober 2022 in eine dritte, dieses Mal auf fünf Jahre angelegte Projektphase gestartet. Diese hat nach den Vorstellungen des Finanziers, der Großen Kreisstadt Kitzingen, die Neukonzeptionierung der kommunalen Obdachlosenhilfe bzw. deren Weiterentwicklung zum Ziel: Umsiedlung der Bewohnerschaft in den freien städtischen Wohnungsmarkt, Abriss der aktuellen Unterkünfte und Neubau einer deutlich verkleinerten Unterkunft für Menschen in Obdachlosigkeit.
Mit diesem Ausblick geht auch die Erweiterung des Aufgabenspektrums der Sozialberatung mit neuen Schwerpunktsetzungen, zu denen besonders Umzugshilfen, Nachbetreuung und aufsuchende Arbeit sowie temporäre Begleitung von extern untergebrachten Familien gehören, einher. Als die bedeutendste künftige Aufgabe wird jedoch die Prävention von Wohnungsnotfällen angesehen. Diesem Ansatz liegt der Gedanke zugrunde, dass Hilfe grundsätzlich zu jedem Zeitpunkt eines Wohnungsnotfalls möglich ist. Je früher und gezielter die Hilfen jedoch einsetzen, desto größer sind die Erfolgsaussichten. Deshalb sollen frühzeitig einsetzende präventive Maßnahmen zum Wohnraumerhalt eventuelle Wohnungsverluste - und somit die mögliche Unterbringung in einer Notunterkunft - vermeiden.
Innovative Kraft entwickelt das Projekt "Dach überm Kopf - Sozialberatung für Menschen aus Kitzingen in Wohnungsnot" besonders durch seinen offenen Aufbau. Die Installation der Fachstelle direkt im Notwohngebiet stellt kurze Wege für die Bewohnerinnen und Bewohner sicher. Der einfache Zugang erhöht die Motivation, professionelle Beratung in Anspruch zu nehmen. Zudem heben sich die für die Bewohnerschaft sehr niederschwelligen und vielfältigen Möglichkeiten der Kontaktaufnahme zur Sozialberatung in positiver Weise von anderen Beratungsstellen ab. Die Menschen im Quartier haben unkompliziert die Möglichkeit, die offenen Sprechzeiten aufzusuchen oder einen Termin zu vereinbaren. Sie können erforderlichenfalls aber auch den Hausbesuch der Fachkräfte im eigenen Wohnraum in Anspruch nehmen. Das Konzept des Projekts "Dach überm Kopf" kann damit als Blaupause auch für andere soziale Brennpunkte im urbanen Bereich genutzt werden, um dort die Situation nachhaltig zu verbessern.