Tagesaufenthalt und Begegnung
Die verschiedenen Angebote haben ganz unterschiedliche Namen: Wärmestube, Teestube, Kontaktladen, Bahnhofsmission und so weiter. Wesentlich ist der niedrigschwellige Zugang für alle Betroffenen; die Besucherinnen und Besucher brauchen also keine besonderen persönlichen Voraussetzungen zu erfüllen, müssen ihren Aufenthalt auch nicht begründen und keinen Termin vereinbaren. Der Aufenthalt ist selbstbestimmt und freiwillig. Ziel ist, die soziale Ausgrenzung zu reduzieren und die Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft zu verbessern.
Reglementierungen, z. B. in Form einer Hausordnung, sind auf ein Mindestmaß reduziert. Der Konsum von Alkohol oder Drogen sowie das Ausüben von physischer oder psychischer Gewalt führen in der Regel aber zu einem (befristeten) Hausverbot.
Diese Einrichtungen bieten zum Beispiel ...
- einen geschützten Ort zum Verweilen,
- die Ermöglichung von Erreichbarkeit (Postanschrift für Behörden),
- Hilfe bei Behördenkontakten,
- die Bereitstellung von Telefon, Büromaterial oder Kopiermöglichkeit,
- die Ermöglichung von Körperpflege (Duschen),
- Kleiderausgabe und Kleidungspflege (Kleiderkammer und Waschmaschine/Trockner),
- Getränke und Essen,
- die Bereitstellung von Medien (Zeitung, Radio, Fernsehen, Bücher, ggf. Internet),
- Angebote für Freizeitaktivitäten,
- medizinische Versorgung (teilweise mit Arztsprechstunden),
- die Motivation zur Durchsetzung von Rechtsansprüchen,
- Beratung auf Wunsch.
Individuelle Beratung verfolgt das Ziel, Anregungen zu geben und Prozesse in Gang zu setzen, die es den Betroffenen ermöglichen, ihre persönliche Situation zu verbessern. Notwendig ist dabei auch eine Vernetzung mit anderen Einrichtungen des Hilfesystems (z. B. Angeboten der Wohnungslosenhilfe, Suchtberatung, Schuldnerberatung, Sozialamt, Jobcenter, Arbeitsamt, Wohnungsamt). Die Beratung umfasst Krisenintervention, Clearing der aktuellen Situation, lebenspraktische Beratung, Vermittlung von weiteren Hilfen sowie Motivation zum Nutzen weiterer Unterstützungsmöglichkeiten im Hilfesystem.
Manchmal geht es jedoch in erster Linie darum, mit anderen Menschen in ein Gespräch auf Augenhöhe zu kommen, Gemeinschaft zu erleben und zu spüren, dass man einfach da sein kann - ohne konkretes Anliegen.
Aus der Praxis
Frühstücksangebot für Frauen, Männertreff und Beauty Tag: Besondere Angebote der Schweinfurter Bahnhofsmission
Die Schweinfurter Bahnhofsmission (© Foto) ist seit bald 100 Jahren eine Anlaufstelle für Menschen in Notlagen aus Stadt und Umland. Neben Reisenden und Wohnungslosen suchen auch immer mehr einsame Bürgerinnen und Bürger hier einen Anker, viele von ihnen sind psychisch stark belastet, arm und in schwierigen Lebenssituationen. Sie suchen Begegnung, Gemeinschaft, ein Gespräch und Austausch. Seit mehr als 10 Jahren bietet die Bahnhofsmission daher einmal im Monat in ihren Räumen ein Frühstück für Frauen. Da auch der Bedarf bei den männlichen Gästen immer deutlicher wurde, gibt es seit 2022 dazu ergänzend ein Männerfrühstück.
„Durch die Niedrigschwelligkeit kommen zu uns unterschiedlichste Menschen, die in irgendeiner Form Hilfe und Kontakt suchen. Dies hat uns dazu bewogen, diese besonderen Angebote einzurichten, damit unsere Gäste auch miteinander in Kontakt kommen, Gemeinschaft erleben und sich wenigstens einmal im Monat an einen gedeckten Tisch setzen können,“ so Susanne Brand (Leitung bei IN VIA Würzburg).
In der warmen Stube tauen meist nicht nur die klammen Finger auf. Die Gäste kommen ins Reden über Themen von Bürokratie bis Bürgergeld, Möglichkeiten, Energie und Geld zu sparen, von der Aussicht auf einen neuen Job oder die Sorge um den bisherigen. Die Frühstücksangebote geben auch die Möglichkeit, dass die Mitarbeitenden der Bahnhofsmission gezielt Themen ansprechen, die viele Gäste bewegen und wo oftmals einfache Tipps bereits große Hilfe bieten. „Wir haben das Ohr an ihren Bedürfnissen,“ so Brand weiter. „Daher versuchen wir auch immer mal wieder mit Unterstützung von Friseuren und KosmetikerInnen einen Beauty Tag anzubieten. Denn viele können sich keinen Haarschnitt oder gar Kosmetik leisten. Und doch ist ein gepflegtes Äußeres so wichtig für das Wohlbefinden und das Selbstwertgefühl.“
Angebote, die wie hier in besonderer Weise Teilhabe fördern und die Gäste stärken, können Bahnhofsmissionen leider nur sehr eingeschränkt bieten, da die Raum- und Personalsituation dies oftmals kaum/nicht erlaubt.