Gesundheit ist das höchste Gut, so heißt es umgangssprachlich. Gilt das auch für Menschen in Notlagen, in Armut oder gar für die Zeit hinter Gittern? Die Gesundheitsrisiken sind im Strafvollzug andere: überproportional viele Infektionserkrankungen sind zu beobachten, Suchtverhalten und psychische Belastungen und Erkrankungen gehören zum Haftalltag, oft auch Selbstschädigungen und Suizide. Auch die demografischen Veränderungen spielen zunehmen eine Rolle, denn viele Gefangene sind alt oder werden alt in der JVA mit den entsprechenden Einschränkungen.
Die Gesundheitsversorgung in den Justizvollzugsanstalten folgt dem sog. Äquivalenzprinzip. Orientiert an den Vorgaben der Gesetzlichen Krankenversicherung sollen die Qualität und der Umfang intra- und extramuraler Versorgung vergleichbar sein. Das betrifft auch die psycho-sozialen Hilfen. Allerdings gibt es Einschränkung, wie z.B. die nicht freie Arztwahl. Denn der Kostenträger ist nicht die gesetzliche Krankenversicherung, sondern die jeweilige Vollzugsbehörde.
Der Strafvollzug hat den Auftrag, vom ersten Tag der Inhaftierung an die Resozialisierung eines Gefangenen anzubahnen. Ohne Zweifel ist der Gesundheitszustand ein zentraler Aspekt für eine gelingende Resozialisierung und bedarf einer umfassenden Planung. Allerdings ist die Bedeutung der Gesundheit für die Resozialisierung von Gefangenen nicht ausreichend erkannt und gewürdigt. In Blick genommen werden muss dabei auch die sensible Zeit der Entlassung und die Zeit nach der Haft. Oft wird zum Beispiel die Problematik der Suchtmittel nicht mehr adäquat eingeschätzt oder die begonnene Behandlung nicht fortgesetzt.
Eindeutige Aussagen zum Gesundheitszustand und der notwendigen Versorgung in Sinne einer Gesundheitsberichterstattung liegen bislang nicht vor. Zu verschieden sind wohl die Belange der Inhaftierten, die Rahmenbedingungen in den einzelnen Bundesländern und letztendlich fordert der Grundkonflikt zwischen Kontrolle und Hilfe alle Beteiligten.
Wie kann dem begegnet werden? Wo sind die besten Ansätze oder wo muss noch nachgesteuert werden? Bei der Tagung am 23.10.2019 sind Experten diesen Fragen nachgegangen. Dass die Tagung im Haus des bayerischen Justizministeriums stattfinden konnte und unter Beteiligung von Akteuren aus dem JVA- Bereich zeigt die mittlerweile gewachsene Zusammenarbeit zu dieser Thematik. Das multiprofessionelle Zusammenwirken im Kontext der Gesundheitsversorgung ist der umfassenden Hilfe zuträglich.
Die Haftzeit bietet durchaus Chancen für die Behandlung gesundheitlicher und psychischer Probleme von Inhaftierten. Neben (Aus-) Bildung und sozialer Integration ist eine stabile Gesundheit eine wesentliche Voraussetzung für die Resozialisierung. Die zahlreichen Mitarbeitenden der Freie Wohlfahrtspflege wollen dazu einen Beitrag leisten und arbeiten als sogenannte externe Berater in den bayerischen Justizvollzugsanstalten.