Die Landes-Arbeitsgemeinschaft Schuldner-und
Insolvenzberatung in Bayern e.V. zu den Auswirkungen der bayerischen Haushaltspolitik
2004:
Mit viel Einsatz hatten im Frühjahr die Vertreter der bayerischen
Insolvenzberatungsstellen verhindert, dass im Freistaat die Fördermittel für
dieses Arbeitsfeld ganz auf Null gestrichen werden. Nach zahlreichen Protesten
und großer Resonanz in der Presse hatte zuletzt die CSU im Haushaltsausschuss
des Bayerischen Landtags etwas eingelenkt und zur Förderung der
Insolvenzberatungsstellen für 2004 einen Betrag von rd. 800.000 Euro genehmigt
(Haushaltsansatz 2003: 2.556 Mio. Euro). Dadurch konnte die Arbeit der
Beratungsstellen in begrenztem Umfang fortgesetzt werden, allerdings verbunden
mit sehr langen Wartezeiten für die ratsuchenden Bürger.
Eine Zwischenabrechnung zum 31.07.2004 hat nun ergeben, dass
bereits zur Jahresmitte die in Form von Fallpauschalen gewährten Mittel für das
Jahr 2004 aufgebraucht sind. Für den Zeitraum Januar bis einschließlich Juli
2004 wurden von den Insolvenzberatungsstellen der Wohlfahrtsverbände und
Kommunen nach Angaben des Bayerischen Sozialministeriums insgesamt Verfahren
für rd. 853.000 Euro bearbeitet. Dies übersteigt somit bereits den für das
gesamte Jahr zur Verfügung gestellten Haushaltsansatz.
In einem Schreiben vom 15.09.2004 teilte das Bayerische
Sozialministerium nun der Landesarbeitsgemeinschaft der öffentlichen und freien
Wohlfahrtspflege mit, dass die staatlichen Zuschüsse nicht ausreichen, um den
Insolvenzberatungsstellen die volle Förderung für die bereits geleistete Arbeit
zukommen zu lassen. Die staatlichen Zuschüsse müssen nach Auskunft des
Ministeriums für das 1. Halbjahr 2004 rückwirkend um rd. 6 Prozent gekürzt werden.
Wesentlich schlimmer sieht jedoch die Finanzierung für das zweite Halbjahr aus.
Für die Zeit von August bis einschließlich Dezember 2004 stehen nach dem
Bescheid des Sozialministeriums keine staatlichen Zuschüsse mehr zur Verfügung.
Dieser abrupte Abriss der Finanzierungsmittel vollzieht sich
vor einer auch in Bayern weiter dramatisch steigenden Zahl von
Privatinsolvenzen. Im ersten Halbjahr 2004 wurden im Freistaat nach Angaben des
Bayerischen Landesamtes für Statistik und Datenverarbeitung 2054 Verbraucherinsolvenzverfahren
eröffnet (Pressemitteilung v. 02.06.04); gegenüber dem Vorjahreszeitraum ist
dies eine Zunahme um 37 Prozent (571 Verfahren). Hinzu kommen 1.641
Privatinsolvenzen ehemaliger Selbständiger (plus 8,4 Prozent). Voraussichtlich
sind bayernweit im Jahr 2004 über 4.000 Verbraucherinsolvenzen (2003: 3.361)
und etwa 3500 Insolvenzverfahren ehemaliger Selbständiger (Vorjahr: 3.163) zu
erwarten. Bayern liegt mit dieser Entwicklung im Bundestrend. Deutschlandweit
waren im 1. Halbjahr 2004 gemäß der Pressemitteilung vom 03.09.2004 des
Statistischen Bundesamtes 21.856 Verbraucherinsolvenzen (plus 39,5 Prozent)
sowie 11.611 Privatinsolvenzen ehemals Selbständiger (plus 6,8 Prozent) zu
verzeichnen.
Allerdings steht zu befürchten, dass die Insolvenzberatungsstellen
in Bayern ihre Dienste einstellen müssen, wenn
für deren Tätigkeit auf Dauer keine ausreichende Finanzierung mehr durch
den Freistaat erfolgt. Dies würde einem sozial- und wirtschaftspolitischen Offenbarungseid
im Freistaat gleichkommen. Das bereits 1994 mit den Stimmen der CSU im
Bundestag verabschiedete und 1999 in Kraft getretene Insolvenzverfahren für
Privatpersonen soll Überschuldeten die Chance zu einem wirtschaftlichen
Neubeginn („fresh start“) ermöglichen. Bundesweit gelten rd. 3 Mio. Haushalte
als überschuldet, in Bayern sind es ca. 300.000 Haushalte.
Die Landesarbeitsgemeinschaft Schuldner- und
Insolvenzberatung Bayern e. V. fordert daher die Staatsregierung und den
Landtag auf, im Rahmen der Beratungen des Landeshaushaltes 2005/2006 künftig
für eine ausreichende Finanzierung der Insolvenzberatungsstellen zu sorgen.
Hierzu seien pro Jahr Fördermittel von mindestens 2,5 Mio. Euro erforderlich.
Für 2004 müsse dringend eine kurzfristige Aufstockung der Mittel um rd. 800.000
Euro erfolgen um die Arbeit fortsetzen zu können.
Für weitere Auskünfte steht der Vorstand der
Landesarbeitsgemeinschaft Schuldner- und Insolvenzberatung Bayern e. V. zur
Verfügung:
Gabriele Hess, Diakonisches Werk Untermain/Aschaffenburg,
Tel. 06021/3999-70
Ursula Weser, Diakonisches Werk Sulzbach-Rosenberg, Tel.
09661/891-200
Wolf-Dieter Bernert, Landratsamt Donau-Ries, Tel.
0906/74-535
Rainer Mesch, ISKA Nürnberg, Tel. 0911/244630
Klaus Hofmeister, Sozialreferat der Stadt München, Tel.
089/233-28666