Die Katholische Jugendsozialarbeit (KJS) Bayern hat in Nürnberg ihren 13. Dialogtag durchgeführt. Rund 100 Vertreterinnen und Vertreter aus Politik, Kinder- und Jugendhilfe und Verwaltungen diskutierten, welche Unterstützung junge Menschen brauchen, um gut durch die verschiedenen Krisen zu kommen. Klima, Corona, Krieg, Kostensteigerungen: Besonders Jugendliche sind schon seit einigen Jahren einem Dauerkrisenmodus ausgesetzt. "Für sehr viele Jugendliche und junge Erwachsene stellt das eine besondere Belastung und eine in vielerlei Hinsicht schwierige Herausforderung dar. Die Folgen der Pandemie auf die Psyche mancher Jugendlicher sind inzwischen in der praktischen Arbeit vielfach zu spüren," sagte der Vorsitzende der KJS Bayern, Axel Möller.
Den Einstieg machten die "wichtigsten Protagonisten des Tages", so Möller. Vier Jugendliche aus unterschiedlichen Einrichtungen der Jugendhilfe in Bayern berichteten authentisch von ihrer persönlichen Situation und ihren Unterstützungsnetzwerken. Für die Jugendlichen, nicht nur für diejenigen mit Flucht- und Migrationsgeschichte, sind insbesondere persönliche und konstante Ansprechpersonen wichtig, um sich und ihre Situation zu reflektieren, damit umzugehen und Kraft zu schöpfen.
In ihrem Impulsreferat berichtete Prof. Dr. Mechthild Wolf von der Hochschule Landshut darüber, dass die größten Sorgen der jungen Menschen tatsächlich die großen Krisen unserer Zeit wie Inflation, Klimawandel und der Krieg in Europa seien. Dabei zeige sich, dass die vielfältigen Krisen vor allem von denjenigen Jugendlichen gut bewältigt werden, die auf genügend Ressourcen zurückgreifen können. Die persönliche soziale Lage wirke sich auf die Schwere der Pandemiefolgen aus. Prof. Wolff berichtete von gestiegenen Suizidraten, Alkoholkonsum, Depression, Medienkonsum und Essstörungen, die zum Teil noch durch die angespannte Situation in Familien verstärkt würden. "Zwar gibt es derzeit einige Aufmerksamkeit in Politik und Wissenschaft, allerdings bleibt abzuwarten, ob daraus die richtigen Schlussfolgerungen gezogen werden," so Wolff. Denn ob und wie Krisen sich auf die Entwicklung junger Menschen auswirken, liegt auch an der Ausstattung und den Mitteln der Unterstützungsleistungen in der Kinder- und Jugendhilfe.
In daran anschließenden Dialoggruppen diskutierten die Teilnehmenden über die konkreten Angebote für junge Menschen und gute sowie schlechte Erfahrungen aus den vergangenen Jahren. In einer abschließenden Gesprächsrunde betonte Dr. Christian Lüders, bisheriger Vorsitzender des Bayerischen Landesjugendhilfeausschusses, dass es auch einen erweiterten Blick auf Jugendliche brauche. Denn "die Jugend" gebe es nicht; diese sei vielmehr eine sehr heterogene Gruppe mit ganz unterschiedlichen Lebenswelten, die differenziert untersucht und in den Blick genommen werden müssten. In diesem Zusammenhang stellte Lüders den Fachkräftemangel als weitere Krise und eine der größten Herausforderungen dar.
Kerstin Celina, Landtagsabgeordnete der Grünen, verwies auf die Bedeutung des Netzwerks, das Jugendliche unterstützt. Nur wenn die unterschiedlichen Akteure zusammenarbeiten, sei dies ein tragfähiges Unterstützungssystem. Ihr pflichtete Andreas Holste vom bayerischen Sozialministerium bei und betonte die Bedeutung auch finanziell auskömmlicher Hilfen. Für die Jugendlichen vor Ort seien insbesondere die direkten Ansprechpartner diejenigen, die die wertvolle Hilfe und Unterstützung leisten und dafür sorgten, dass die Hilfe auch ankommt. Jochen Kohler aus der Landtagsfraktion der CSU richtete den Blick auf das Elternhaus, das immer die erste Anlaufstelle sein müsse. Julika Sandt von der FDP verwies dagegen darauf, dass der Wert der Jugendsozialarbeit insbesondere auch von den Spitzen der bayerischen Politik anerkannt werden müsse, denn sie ermögliche es Jugendlichen, ihren Weg ins Leben zu finden. Für Dr. Bettina Scherbaum aus dem Bayerischen Kultusministerium ist es vor allem die strukturelle Stabilität, die vor Ort Verlässlichkeit in den Beziehungen zwischen Schülerinnen und Schülern entstehen lässt. Diana Stachowitz, Landtagsabgeordnete der SPD, bemängelte, dass die Kinder- und Jugendhilfe zwischen den unterschiedlichen Zuständigkeiten zerrieben werde. Fördergeber müssten akzeptieren, dass sich die Gesellschaft wandelt; deswegen müssten auch Projekte angepasst werden. Dafür dürften nicht Förderzyklen die Arbeitsverträge der Mitarbeitenden bestimmen, sondern es müssten mit der Erfahrung des bestehenden Personals an neue Gegebenheiten angepasste Projekte entwickelt werden.
Die Katholische Jugendsozialarbeit (KJS) Bayern ist die Landesarbeitsgemeinschaft der überregional tätigen katholischen Träger der Jugendsozialarbeit in Bayern sowie der Jugendsozialarbeits-Verbünde in den sieben (Erz-)Diözesen Augsburg, Bamberg, Eichstätt, München und Freising, Passau, Regensburg und Würzburg. Die katholischen Träger der Jugendsozialarbeit leisten diese Unterstützung insbesondere in ihren Angeboten der Jugendberufshilfe und des Jugendwohnens, in der schulbezogenen Jugendsozialarbeit und den Jugendmigrationsdiensten.