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Gesund führen

171 W i d e r d a s Bu r n - O ut - S y nd r om 10 Zertifizierungszwänge sind Indizien für die Haltsuche am Objektiven. Doch dieses Objektive und sei es noch so exakt geplant und berechnet - es trägt nicht. Es befördert und zeigt eine Flucht vor uns selbst. In dieser Flucht vor uns selbst, verstellen wir uns ständig den Blick auf unser eigentliches und wirkliches Selbstsein. In sozialen Berufen zeigt sich klar und unmissverständlich: Weil wir verletzliche, sterbliche Wesen sind, können wir nur bestehen, wenn wir zueinander stehen. Wir können nicht sein, ohne die anderen. In sozialen Berufen wird es unmittelbar offenkundig, dass wir Hilfe brauchen und dass wir da, wo wir Hilfe geben, Sinn erfahren. Apathie, so der amerikanische Soziologe Richard Sennett, „ist die logische Reaktion auf das Gefühl, nicht gebraucht zu werden. Um verlässlich zu sein, muss man das Gefühl haben, gebraucht zu werden. Um das Gefühl zu haben, gebraucht zu werden, müssen andere auf uns angewiesen sein.“ (S. 202). Doch auch das Gegenteil ist der Fall. Ein Übermaß an Gebrauchtwerden, durch das sich der Einzelne immer mehr verbraucht fühlt und schließlich resigniert, führt in dieselbe Richtung. Das rechte Maß an Gebrauchtwerden hilft Apathie zu vermeiden. Das rechte Maß ist für jeden Menschen ein anderes. Auch in moderner, vorwiegend kapitalistisch orientierter Gesellschaft bleiben die sozialen Berufe, bleibt ein Krankenhaus, bleiben Alten- und Pflegeeinrichtungen, Zeichen des Widerspruchs, gegenüber Formen des Gewinnens um jeden Preis, gegenüber der Idee einer Selbstbehauptung auf Kosten anderer und erst recht gegenüber dem irrigen Versuch einer Selbstverwirklichung ohne die anderen. Die Mitarbeiter in sozialen Einrichtungen bilden den Riss – der nicht selten mitten durch sie hindurch geht – in einer ökonomisch beherrschten Wirklichkeit, an dem sich eine andere, wesentliche Dimension menschlichen Lebens auftut, wo - gleichgültig, ob hier von Leistungsempfängern und Leistungsgebern, von Kunden, Patienten oder Bewohnern gesprochen wird, - der Mensch vor sich selbst gestellt wird und wieder in die Möglichkeit versetzt wird, zu erkennen und zu erfahren, wie es wirklich d.h. wesentlich um ihn steht. Mag man noch so sehr bemüht sein, diesen existenziellen Charakter von Krankenhäusern und Alten- und Pflegeeinrichtungen mit dem Anschein eines gewöhnlichen Unternehmens zu übertünchen, als seien diese Produktionsbereiche wie andere auch, dieser Riss bleibt und er charakterisiert diesen Ort – für beide: für die, die darin zu wohnen und zu liegen kommen, wie für die, die darin zu arbeiten haben. Die Arbeit, die hier getan wird, ist nicht vergleichbar mit anderen Arbeiten.

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